Geboren am 8. November 1975, begann Tim Walter nach dem Sportstudium seine Trainerlaufbahn beim KSC, deren U15 bis U19 er trainierte. 2015 wechselte der Karlsruher zur Nachwuchsabteilung des FC Bayern nach München, wo er zwei Jahre die U17 betreute und zum Deutschen Meistertitel führte sowie anschließend die zweite Mannschaft in der Regionalliga trainierte (Vize – meister der Bayernliga). In der vergangenen Saison führte Tim Walter Zweitligist Holstein Kiel auf Tabellenplatz sechs. Mit Beginn dieses Spieljahres ist der 43-Jährige Chefcoach des VfB Stuttgart. Mit ihm sprach Olaf Seifert.
Was reizt Sie an der Aufgabe in Stuttgart, was ist das Besondere an diesem Verein und seinem Umfeld? Der VfB hat eine große Strahlkraft, die Bedingungen sind sehr gut und die Begeisterung um den Verein ist auch in der 2. Liga ungebrochen. Thomas Hitzlsperger und Sven Mislintat haben mich bei unseren Gesprächen schnell für den VfB begeistert, wir wollen hier gemeinschaftlich etwas entwickeln. Ich suche die Herausforderung und will immer besser werden. Von daher ist der VfB genau das, was ich mir vorstelle.
Sie waren einst als Mittelfeldspieler in der Verbandsliga am Ball. Was oder wer hat den Wunsch geweckt, Trainer zu werden? Ich hatte als Spieler Talent, aber mir hat der Ehrgeiz und der absolute Wille gefehlt, um es weiter nach oben zu schaffen. Und ich hatte leider auch nicht den richtigen Trainer, der so mit mir gearbeitet hat, dass ich es vielleicht zu mehr hätte schaffen können. Nach der Zeit als Spieler wollte ich im Fußball arbeiten. Anfangs war ich bei einer Fußballschule tätig, später dann als Co-Trainer im Juniorenbereich. Als Trainer ist es für mich wichtig, dass ich das Ganze lebe. Denn so wie ich es lebe, leben es meine Jungs. Ich glaube, dass die Spieler spüren, dass ich immer voll dabei bin, das ist für mich ganz wichtig.
Lange waren Sie im Nachwuchsbereich tätig. Wie prägt das Ihre jetzige Arbeit und was erwarten Sie von Talenten, die sich für die 2. Bundesliga anbieten? Durch meine Erfahrungen als Spieler und später als Trainer im Nachwuchsbereich weiß ich, dass ne – ben dem entsprechenden Talent der unbedingte Wille eine Grundvoraussetzung ist. Und dass auch mal deutliche Worte des Trainers notwendig sind. Ich will die Spieler als Fußballer besser machen. Dazu müssen sie kapieren, dass es manchmal hart wird, ich sie aber nie persönlich angreife.
Das vergangene Jahr in Kiel war Ihr erstes im Profibereich. Was war anders und haben sich die eigenen Erwartungen erfüllt? Welche Ziele stellen Sie sich nun in Stuttgart? Ich hatte eine tolle Zeit in Kiel. Wir haben uns fußballerisch entwickelt und auch was den Tabel – lenplatz angeht sehr ordentlich abgeschnitten. Beim VfB ist es unser Anspruch, dass wir die Mann – schaft sind, die agiert. Wir wollen mutigen Fußball bieten und möglichst jederzeit das Heft des Handelns in der Hand halten. Wir wollen schnell zum Tor spielen, aber auch aggressiv verteidigen. Jeder soll sehen, dass die Spieler schnell wieder den Ball erobern wollen.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonstart? Wie bewerten Sie speziell das letzte Heimspiel gegen den FC St. Pauli? Der Sieg zum Ligastart gegen Hannover war ein wichtiges Signal für uns alle. In Heidenheim haben wir das Spiel über weite Strecken dominiert, leider hat aber die letzte Konsequenz gefehlt, um die drei Punkte mit nach Stuttgart zu nehmen. Das Pokalspiel in Rostock war die erwartet schwere Aufgabe, unsere Mannschaft hat die richtige Einstellung gezeigt und ist verdient eine Runde weitergekommen. Gegen St. Pauli haben die Jungs gegen einen sehr tief stehenden Gegner bis zum Schluss mit toller Moral auf Sieg gespielt und sich mit dem Siegtreffer kurz vor dem Spielende belohnt.
Vergangene Saison ging es mit den „Störchen” gegen Aue, wie sehen Sie die Begegnungen im Nachhinein? Was zeichnet die Auer aus und was muss Ihre Mannschaft am Freitag investieren, um im Erzgebirge zu punkten? In der vergangenen Saison gab es mit Kiel einen deutlichen Heimsieg und eine Last-Minute-Niederlage in Aue. Die Auer sind mit zwei Siegen aus drei Spielen erfolgreich in die neue Saison gestartet, sie haben eine sehr gute Mentalität und werden von ihren Fans leidenschaftlich unterstützt. Wir wissen, dass eine sehr gute Leistung notwendig ist, um in Aue zu bestehen.
Fußballtrainer ist kein geregelter Bürojob, man steht zudem extrem im Medienfokus. Welchen Wert behalten da für Sie Familie, Freunde oder Hobbys? Die Familie steht für mich über allem. Der Trainerberuf ist in der Tat sehr zeitintensiv, sodass daneben nur wenig Zeit bleibt. Und da stehen dann ganz klar meine Frau und meine Kinder an erster Stelle.
Der VfB Stuttgart wie auch der FC Erzgebirge sind Traditionsvereine. Wie wichtig bleiben Geschichte und Fankultur im modernen Spitzensport? Motiviert Sie selber die Power von den Rängen? Schon beim ersten Training in Stuttgart nach der Sommerpause waren fast 4.000 Fans dabei und haben uns einen tollen Empfang bereitet. Bis zum Saisonstart wurden 30.000 Dauerkarten verkauft und auch zu den Auswärtsspielen reisen unglaublich viele VfB-Fans mit. Diese Unterstützung ist ein enormer Antrieb für uns alle.
Quelle: fc-erzgebirge.de